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Veröffentlicht: 29. Januar 2009
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Erstellt: 08. Februar 2013
Junghans Kal. 84/S3
Da liegt sie nun auf dem Uhrmacherwerktisch. Auf dem Zifferblatt steht, durch das verkratzte Glas kaum noch zu erkennen, "Junghans Meister". Dabei hat sie doch so gar nichts meisterliches mehr, das Gehäuse ist oxidiert, das Öl welches einmal für Schmierung sorgen sollte ist völlig verharzt und schwarz geworden. Zugegeben, sie läuft noch ein wenig, die Unruh schwingt jedoch nur noch kraftlos hin und her.

Die präzise Zeitanzeige ist schon lange Geschichte, gelegentlich bleibt sie auch einfach stehen. Sie hatte lange ihr Dasein in einer Schublade fristen müssen. Aber jetzt bekommt dieses Erbstück seine zweite Chance, sein neuer Besitzer, hat es zum Uhrmacher gebracht - zur Überholung! Wohlgemerkt - Überholung - nicht einfach nur eine lieblose, aber für den Uhrmacher rentable, unzerlegte Reinigung in der Vibrasonic. Diese Uhr und ihr Besitzer haben Glück gehabt, aus Überzeugung wird in dieser Uhrmacherwerkstatt das Handwerk noch so traditionell ausgeführt wie man es von einem Meister erwarten kann. Natürlich werden auch moderne Arbeitsverfahren und Maschinen benutzt, aber nur da wo auch eine Verbesserung der Arbeitsqualität zu erwarten ist, oder es aus Gründen des Umwelt- oder Arbeitsschutzes unabdingbar ist. Auf den folgenden Seiten können Sie bei der Überholung der Armbanduhr zuschauen und so einen kleinen Einblick in meine Arbeit gewinnen.
Sichtkontrolle und Demontage
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Die Uhr von der Rückseite betrachtet, der Gehäuseboden ist bereits abgenommen. An der Aufzugwelle ist ein leichter Rostansatz zu erkennen. Kein Wunder, die Krone hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte ja schon fast aufgelöst, wie sollte sie da noch Feuchtigkeit draußen halten? Das Öl in den Rubinlagern verdient seinen Namen nicht mehr, es ist schwarz, klebrig und eingetrocknet. Alle sichtbaren Teile sind leicht oxidiert. Dieses Uhrwerk hat dringend eine Überholung nötig.
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Hier sehen Sie das aus dem Gehäuse ausgebaute Uhrwerk, von der Brückenseite aus betrachtet. |
Die Reinigung
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Nachdem das Uhrwerk KOMPLETT ZERLEGT wurde werden die einzelnen Teile, in Drahtkörbchen sicher untergebracht, im Rotationsverfahren gereinigt. Zur Reinigung nutze ich wasserfreie Reinigungs- und Spüllösungen. Vor dem Reinigen wurde die Aufzugwelle entrostet, grobe Verschmutzungen und Oxidationen wurden bereits mit einem Putzholz und Rodico entfernt. Eine Kontrolle auf offensichtliche Schäden hat zu diesem Zeitpunkt selbst verständlich auch schon stattgefunden. Ich nutze die Reinigungszeit um in der Zwischenzeit das Uhrgehäuse und das Uhrglas aufzuarbeiten. Alle Räder, Triebe, Zapfen und andere Teile wurden bereits auf Sauberkeit, Verschleiß und Beschädigung geprüft |
Die Montage
Das Räderwerk
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Nun sind die Einzelteile wieder bereit montiert zu werden. Die Aufzugteile sind bereits montiert, das Minutenrad befindet sich in seiner Lagerung. |
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Hier wurde die Minutenradbrücke aufgesetzt. Dieses Lager wird bereits jetzt geölt, weil es später nicht mehr zu erreichen ist. Durch die Bohrung in der Minutenradwelle wurde der Zapfen des Sekundenrades hindurchgesteckt |
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An dieser Stelle befinden sich bereits alle Räder des Uhrwerks an ihrem Platz. Die Räderwerkbrücke wurde aufgesetzt. Nun müssen die Räder beweisen daß sie sich gut drehen können, Zahnspiel und Höhenluft werden geprüft. |
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Jetzt ist der komplette Antrieb der Uhr wieder montiert. Federhaus, Zugfeder und Aufzugräder des Kupplungsaufzuges sind bereit ihre Aufgaben zu übernehmen. Alle Teile die eine Schmierung benötigen sind bereits geölt oder gefettet worden. |
Der Gangregler
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Wieder ein wichtiger Kontrollpunkt, der Anker ist eingebaut verschiedene Winkel werden geprüft. Das einwandfreie Zusammenspiel von Ankerrad und Anker, der Hemmung, ist absolut wichtig für einen guten Gang der Uhr. |
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Die Unruh mit Spirale sitzt wieder an ihrem Platz. Die Unruh ist der Gangregler (Zeitteiler) Dies Unruh dieser schwingt in einer Minute 150 mal hin und her. Das bedeutet fast 400 Millionen mal in 5 Jahren. Besonders schön zu sehen ist auch die Schwanenhalsfeder zu Feinreglage. |
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Hier wurde die Stoßsicherung für die Unruhwelle - bestehend aus Lochstein, Deckstein und Stoßsicherungsfeder montiert |
Die Zifferblattseite
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Das Werk von der Zifferblattseite - ohne Zeigerwerk - jedoch mit montierten Aufzugteilen wie Winkelhebel, Winkelhebelfeder etc. |
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Jetzt ist die komplette Platinenseite fertiggestellt, jetzt fehlt nur noch das Zifferblatt und die Zeiger |
Fertiggestellt
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So nun verdient die Uhr ihren Namen wieder. Die Krone ist neu, das Glas wurde nur geschliffen und poliert. Jetzt noch in den Hauptlagen regulieren, 2-3 Tage kontrollieren und dann wieder dem Besitzer übergeben, auf das sie wieder viele Jahre ihren Dienst versieht. Den Preis für diese Revision können Sie meiner Preisliste entnehmen. |